Über ein Dutzend Ladenflächen in der Schaffhauser Altstadt stehen leer. Das ergibt ein Blick auf die Immobilienplattform «Homegate». Sicherlich kein Höchststand, aber doch eine stattliche Zahl. Leerstände, vor allem an guter Lage, sind Gift für die Attraktivität einer Altstadt. Das Signal an potenzielle Mieter lautet: In dieser Stadt ist die Besucherfrequenz selbst in zentraler Lage gering.
«Mietzinssenkungen sind langfristig gesehen Pflästerlipolitik.
Entscheidend ist die Frequenz.»
Daniel Schlehan, Immobilienkenner
Diese freien Flächen zu vermitteln – das soll die Aufgabe des Citymanagers sein, sind sich Immobilienexperten aus Schaffhausen einig. Er habe die Rolle eines Dirigenten, sagt Oliver Müller, Partner des Schaffhauser Immobilienmaklers Immoleute. Daniel Schlehan von allcap spricht unabhängig von Müller von einem «Choreografen». Beide setzen grosse Hoffnungen in ihn. «Die Innovationskraft muss von aussen kommen», sagt Müller. Es brauche neue Impulse, um auf den Strukturwandel im Detailhandel sowie das sich verändernde Ausgehverhalten der Menschen zu reagieren.
Im Kern geht es um eine Vermittlungsfunktion zwischen den Gewerbetreibenden, Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzern sowie der öffentlichen Hand als Bewilligungsinstanz. Der Citymanager muss also die leer stehenden Ladenflächen an Interessenten bringen oder auf Mieter zugehen, wenn ein Gewerbetreibender in der Schaffhauser Altstadt eine Retailfläche sucht.
Im Zentrum müsse das Erlebnis stehen, sagt Müller. «Eine gute Lage reicht heute nicht mehr, um erfolgreich zu sein.» Es brauche Konzepte, die den Einkauf in der Stadt vom Onlineshopping abhebe. Schlehan nennt den sozialen Aspekt als Erfolgsfaktor: «Die Leute wollen sich treffen und austauschen in der Stadt.»
Diese beiden Faktoren zeigen auf, was das Erfolgsrezept einer frequentierten Altstadt ist: der Mix. Doch wie erreicht man diesen? Alleine eine Umfrage bei den SN-Leserinnen und -Lesern zeigt, wie unterschiedlich die Bedürfnisse sind: Die einen wollen mehr Cafés, die anderen mehr Einkaufsmöglichkeiten. Ein Erfolgsrezept hat keiner der beiden Experten; der Citymanager müsse gute Ideen haben. Vor allem aber müsse er viel und gut kommunizieren können, sind sich Müller und Schlehan einig.
Ein neueres Konzept, um Leerstände vorübergehend zu vermeiden, sind Popup-Stores. Für beide Kenner des Immobilienmarkts sind das keine langfristigen Lösungen. «Ein Pop-up ist eigentlich ein Leerstand», sagt Müller.
Eine Frage, die in Zusammenhang mit Leerständen oft gestellt wird, lautet: Sind die Mieten in der Schaffhauser Altstadt zu hoch für Gewerbetreibende? Hier sind sich die Fachleute zwar nicht vollends einig, sie sagen aber beide: Das Problem der Schaffhauser Altstadt könne nicht nur über tiefere Mieten gelöst werden.
Für Schlehan ist klar, dass ein Laden nicht erfolgreicher ist, wenn der Mietzins gesenkt werde. «Entscheidend ist die Frequenz», sagt er. Tiefere Mieten können kurzfristig den finanziellen Druck von einem Geschäft nehmen. «Aber langfristig gesehen ist das Pflästerlipolitik.» Das Problem sei zudem, dass der Wert der Liegenschaft sinke, wenn die Mieten gesenkt werden. Das könne in der Folge zu Problemen für den Besitzer führen, wenn die Bank die Hypothek als zu hoch einstuft und der Eigentümer Teile davon zurückzahlen muss. Weiter fehle dann, so Schlehan, Geld für Investitionen.
Müller glaubt zwar auch nicht, dass die Mietzinsen das Hauptproblem sind, er sagt aber: «Längerfristig werden die Renditen sinken müssen.» An manchen Orten in der Altstadt seien die Mieten wirklich zu hoch. Konkret: Es gibt Ladenflächen, wo der Quadratmeter über 800 Franken kostet.
Hinzu kommt, dass die Gewerbetreibenden in der Schaffhauser Altstadt zum Teil nur wenig Reserven haben, was sich exemplarisch daran zeigt, dass die Erhöhung des Pro-City-Mitgliederbeitrags zu Entrüstung geführt hat. Schlehan plädiert deshalb für einen Innovationsfonds für die Innenstadtentwicklung, wie in Luzern einer geschaffen wurde. «Das muss funktionieren wie die Wirtschaftsförderung, die mit Steuerrabatten und guter Betreuung neue Unternehmen in den Kanton gelockt hat.»
Quelle: