Katrin Bär: Natürlich ist es immer sehr schade, wenn ein Traditionsgeschäft schliessen muss. Aber es ist Realität, dass sich das Kaufverhalten der Kunden in den letzten Jahren verändert und sich hin zum Onlineshopping verlagert hat.
Lukas Ottiger: Grundsätzlich ist eine Ladenschliessung Teil der wirtschaftlichen Normalität. Es gab schon immer Geschäfte, die aus wirtschaftlichen Gründen schliessen mussten, wie auch schon immer neue Geschäfte eröffnet wurden.
Bär: Es ist ein schwieriger Kampf, in der heutigen Zeit ein Geschäft zu führen. Dabei ist es essenziell, immer mit der Zeit zu gehen und das Verkaufsverhalten und die Nachfrage der Kunden kontinuierlich zu evaluieren. Das ist für ein Geschäft wie das unsere jedoch einfacher als für einen Leder Locher, der ein fixes Sortiment hat und ein Stück weit auch daran gebunden ist. Dennoch würde ich nicht von einem Lädelisterben sprechen. Ich bin überzeugt, dass man heute auch als Traditionsgeschäft in Schaffhausen bestehen kann.
Ottiger: Man kann dies weder bejahen noch verneinen. Ja, es gehen Läden zu, es werden aber auch wieder neue eröffnet. Veränderungen sind auch immer eine Chance. Wir sollten uns darauf konzentrieren. Es ist uns aber bewusst, dass die Herausforderungen gross sind und die Situation sehr anspruchsvoll für die Detailgeschäfte ist. Dies ist aber nicht nur in Schaffhausen der Fall, sondern in ganz Europa.
Bär: Klar haben wir in einer Grenzstadt mit einer grossen deutschen Konkurrenz zu leben. Das ist jedoch kein neues Phänomen. Als Anbieter im Hochpreissegment hat man es in Schaffhausen wohl schon etwas schwieriger als in Zürich, wo das Geld noch lockerer in der Tasche sitzt. Und trotzdem: Die Konkurrenz ist ja überall.
Ottiger: Spannend wäre die Frage, weshalb Herr Velasquez Schaffhausen als schwieriges Terrain wahrnimmt. Ich persönliche empfinde Schaffhausen nicht so. Im Gegenteil, durch ihre Zentrumsfunktion in der Region hat die Stadt eine wichtige Bedeutung. Die Leute gehen auch heute noch «in die Stadt» um sich zu treffen und zum Einkaufen. Gemäss der GDI Studie «Ausgebummelt» hat sich zudem die Passantenfrequenz in der Nähe von Geschäften in Schaffhausen in den letzten Jahren weniger stark reduziert als beispielsweise in Zürich.
«Als Anbieter im Hochpreissegment hat man es in Schaffhausen wohl schon etwas schwieriger als in Zürich, wo das Geld noch lockerer in der Tasche sitzt.»
Katrin Bär
Ottiger: Es ist leider schon so, dass gerade Fachgeschäfte besonders stark unter einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld leiden, da sie sich ja explizit auf ein bestimmtes Produkt spezialisieren und damit auch eine grosse Abhängigkeit bezüglich Nachfrage nach diesem Produkt besteht. Da haben es Geschäfte, die diversifizieren können, einfacher. Als Reaktion auf den Wandel ist aber vermehrt zu beobachten, dass neue kooperative Ladenkonzepte entstehen, die verschieden Fachgeschäfte auf einer Verkaufsfläche vereinen – physisch wie auch online.
Bär: Jein. Klar, internationale Player können anders rechnen und Ladenflächen zahlen, die sich kleine Betriebe nicht leisten können. Aber nein, ich habe keine Angst, dass sich in naher Zukunft in Schaffhausen nur noch Weltkonzerne tummeln werden. Insbesondere da wir viele kleine, eigentumsgeführte, innovative und coole Geschäfte haben. Auch wenn man schaut, welche aufgehen, sind dies eher kleine, individuelle Geschäfte.
«Als Reaktion auf den Wandel ist aber vermehrt zu beobachten, dass neue kooperative Ladenkonzepte entstehen, die verschieden Fachgeschäfte auf einer Verkaufsfläche vereinen – physisch wie auch online.»
Lukas Ottiger
Ottiger (lacht): Ich hätte den falschen Job, wenn ich nicht optimistisch wäre. Wichtig ist die Erkenntnis, dass sich der Handel schon immer verändert hat und man sich stetig mit neuen Gegebenheiten arrangieren muss. Ich bin auch zuversichtlich, weil es in Schaffhausen sehr viele engagierte Menschen gibt und bin überzeugt, dass die Altstadt immer ein lebendiger Ort sein wird, an dem man sich trifft und auch einkauft.